Krishna-Chaitanya

Sri Krishna-Chaitanya – Der goldene Avatara Sri Gauranga

Er erschien 1486 in Mayapur, eine der neun Inseln Navadvipa, Westbengalen; er verließ diese Welt 1533 in Jagannatha Puri, Orissa.

Das Chaitanya-Bhagavata von Vrindavana Dasa und das Chaitanya-Charitamrita von Krishnadasa Kaviraja bilden gemeinsam den Hauptteil der Biografie über Krishna-Chaitanya. Für die Gaudiya-Vaishnavas sind es die Hauptquellen über sein Leben und Wirken. Die Geschichten seien biografischer und „teilweise von visionärer Natur“, wie der Verfasser Krishnadasa Kaviraja schreibt. Beide Verfasser sind Zeitgenossen Krishna-Chaitanyas und ihnen standen auch die Aufzeichnungen Svarupa Damodaras, dem Sekretär Krishna-Chaitanyas, zur Verfügung. Beide Schriften betonen, er sei der herabgestiegene Krishna, umhüllt von Sri Radha, Krishnas ewiger Begleiterin, der sich selbst „versteckt“, um die Freude (Rasa) der Liebe Radhas zu ihm selbst (als Krishna) zu kosten. Gewissermaßen nebenbei – als Nebeneffekt – verteilte er ohne Vorbehalte diese Liebe zu Gott, Sri Krishna.

„Was die Upanischaden als das unpersönliche Brahman beschreiben, ist nur die Ausstrahlung von Mahaprabhus transzendentalem Körper, und die Überseele in den Herzen aller Lebewesen (Paramatman) ist nur sein lokalisierter Teil. Er ist Parabrahman, Krishna selbst, vollständig versehen mit sechs Füllen. Er ist die absolute Wahrheit, Para-Tattva, und keine andere Wahrheit ist größer als er oder ihm gleich.“
(Chaitanya-Charitamrita 1.2.5)

Dem Chaitanya Charitamrita zufolge wurde Krishna-Chaitanya am 18. Februar 1486 als Vishvambhara Mishra in der bengalischen Stadt Nabadwip (Sanskrit: Navadvipa) im Distrikt Nadiya, Westbengalen, geboren. Das Chaitanya Bhagavata enthält viele mystische Geschichten über seine Kindheit, die alle darauf hinweisen, dass er der angekündigte verhüllte Avatara Krishnas ist. Als kleiner Junge erstaunt er seinen Lehrer. An jede Unterweisung, jede Schrift und alles Gesprochene erinnert er sich nach einmaligem Hören.

Mit 11 Jahren beherrscht er perfekt Sanskrit und ist in der Auslegung der Schriften von allen Gelehrten gefürchtet. Er genießt seine Manifestation von Wissen (Jnana), durch das er den Stolz der Gelehrten bricht. Das Chaitanya Bhagavata (I.13.112) erwähnt:
Das Verhalten des Herrn war so freundlich, dass keiner, der von ihm geschlagen wurde, sich unglücklich fühlte.

Ergriffen durch die intellektuelle Stärke Krishna-Chaitanya Mahaprabhus kamen viele hunderte von Schülern zu ihm und begannen unter seiner Leitung zu studieren.
Das Chaitanya Bhagavata (I.17.5-6) berichtet:

„In Navadvipa hörte man gar selten den Begriff Bhakti-Yoga und die Vaishnavas (Vishnuiten) fühlten sich unglücklich zu sehen, wie die Menschen nur nach vergänglichem Genuss streben.“

In Nimai Pandit, wie Krishna-Chaitanya in jungen Jahren hieß, erwachte daher der Wunsch, sein wahres Wesen zu offenbaren. Er beschließt nach Gaya zu gehen, um die vorgeschriebenen Riten (Shraddha-Zeremonie) für seinen verstorbenen Vater durchzuführen.

Beim Anblick der Lotosfüße Vishnus (in Gaya) manifestiert er erstmals Symptome der Liebe zu Gott (Prema). Jeder war erstaunt, seine Tränen zu sehen, die ungebrochen wie ein Fluss strömten. Zur selben Zeit traf er seinen Guru Ishvara Puri. Zurück in Navadvipa spricht er zu seinen Schülern nur noch über Krishna. Jedes Wort, jede grammatikalische Regel, alles erklärt er als Krishna. So gibt Chaitanya Mahaprabhu nach ein paar Wochen sein Amt als Lehrer auf, da er sich außerstande fühlt, über etwas anderes als Krishna zu sprechen. Die Menschen sind verwirrt. Er, der bis anhin Wissen in den Vordergrund stellte und jede philosophische Debatte gewann, erklärt nun den Sinn und das Ziel des Veda mit Bhakti zu Krishna. Immer deutlicher zeigen sich in ihm die Ekstasen höchster Maha-Bhava, der durch Gottesliebe erfahrene höchste Geschmack der Glückseligkeit, wie sie bisher nur in Radha gesehen wurden. Allein seinen engen Vertrauten offenbart er jetzt sein Gott-Sein und zeigt ihnen seine Gestalt als Krishna. Er verbietet jedem darüber zu sprechen, solange er selbst auf dieser Welt sichtbar sei. Ohne Störung will er das göttliche Spiel (Lila) des Gottgeweihten spielen.

Gemeinsames Singen der Namen Krishnas

Er ruft die Bürger von Navadvipa dazu auf, die Namen von Hari (Krishna) zu singen. Immer mehr Menschen schließen sich an. Fast in jedem Hindu-Haus ertönt das Singen der Namen Krishnas. Die ansässigen Mohammedaner werden deshalb zornig und beschweren sich beim Kazi (Stadtmagistrat). Dieser zerstört demonstrativ eine Trommel und verbietet das gemeinsame öffentliche Singen von Krishnas Namen. Krishna-Chaitanya ruft zum Widerstand auf.

„Schmückt bitte die Stadt. Ich werde am Abend überall singen. In jedem Haus solltet ihr eine Fackel anzünden. Dann wartet und seht, welcher Magistrat zu mir kommt und mir befiehlt aufzuhören.
(Chaitanya Charitamrita 1.17.133-134)

Abends zieht er singend und tanzend durch die ganze Stadt und Tausende von Menschen schließen sich an. Die Masse der Menschen findet sich vor dem Tor des Kazi, der sich vor den zornigen Rufen und dem lauten Singen fürchtet und sich nicht wagt, vor das Haus zu treten. Chaitanya Mahaprabhu setzt sich hin und schickt ein paar achtbare Bürger, den Kazi zu rufen. Es entwickelt sich ein freundschaftliches Gespräch.

 
Gespräch mit dem mohammedanischen Kazi (Bezirksverwalter)

Der Leser des Chaitanya Charitamrita (1.17.172-187) erfährt nun eine erstaunliche Geschichte, die erklärt, weshalb der mohammedanische Magistrat und selbst seine Nachkommen das gemeinsame Singen von Krishnas Namen nie mehr behindert haben:

Chaitanya wendet sich an den Kazi: „Ich möchte dir eine Frage stellen. Bitte sage mir die Wahrheit. Versuche nicht, mich zu täuschen. In deiner Stadt hört man überall Samkirtana (gemeinsames Singen). Es werden Instrumente gespielt, Lieder gesungen und dazu wird getanzt. Als Kazi könntest du das Hindu-Dharma (die Ausübung hinduistischer Zeremonien/Rituale) unterbinden. Doch jetzt verbietest du es nicht. Ich verstehe nicht warum.“

Der Kazi sprach: „Lieber Gaurahari, unter vier Augen werde ich dir den Grund erklären.“

„Bitte sei nicht so ängstlich“, sprach Krishna-Chaitanya, „Diese Männer sind meine vertrauten Freunde, du kannst ganz offen sprechen.“

Der Kazi antwortete: „Als ich ins Haus eines Hindu ging, das Singen verbot und eine Trommel zerbrach, erschien mir in derselben Nacht im Traum ein Löwe. Er sah furchterregend aus. Er hatte den Kopf eines Löwen, aber den Körper eines Menschen. Dieser sprang brüllend auf meine Brust. Ein hartes Lächeln im Gesicht, knirschte er laut mit seinen Zähnen. Er setzte mir seine Nägel auf die Brust und sprach mit tiefer Stimme: ‚Im Austausch für die Trommel werde ich deine Brust zerreißen. Du hast mein Singen verboten, daher werde ich dich zerstören.‘ Von großer Furcht ergriffen, schloss ich zitternd meine Augen. Meine Angst sehend, sprach er: ‚Ich bin dir barmherzig gesonnen. Ich habe dich besiegt, um dir eine Lehre zu erteilen. Heute hast du keine große Störung verursacht. Deshalb vergebe ich dir und lass dir dein Leben. Wenn du jedoch nochmals in ähnlicher Weise handelst, kann ich dir nicht mehr vergeben. Ich werde dich, deine Familie und all deine fleischfressenden Freunde vernichten.‘ Nach diesen Worten verschwand der Mensch-Löwe. Doch meine Angst ist groß. Seht nur die Nägelmale auf meiner Brust!“

Der Kazi entblößte seine Brust und jeder, der seine Worte hörte und die Male sah, glaubte ihm diesen wundersamen Vorfall.

Krishna-Chaitanyas Reisen

Des Öfteren bereist Krishna-Chaitanya mit seinen Gefährten entlegene Gebiete in Bengalen (das heutige Bangladesch gehörte auch dazu). Im Alter von 24 Jahren, beschließt er, mit der Erlaubnis seiner Ehefrau, in den Stand eines Wandermönchs (Sanyas) zu treten. Er verlässt Navadvipa und zieht in die Tempelstadt Puri (Orissa), wo Krishna seit Tausenden von Jahren durch die Bildgestalt Jagannatha’s verehrt wird. Weitere sechs Jahre bereist er von Puri aus ganz Indien. Millionen von Menschen werden durch seinen Einfluss zu Vaishnavas, die liebend Krishna verehren.

 
Die letzten Jahre

Seine letzten 18 Lebensjahre verbringt er nur noch in Puri. Immer tiefer versinkt er in die ekstatischen Rasa-Empfindungen der Liebe zu Krishna. Die äußerlichen Merkmale höchster ekstatischer Liebesgefühle zu Gott sind ständig in ihm einzeln oder vermischt sichtbar (wie starker Tränenfluss, Haare sträuben, Erblassen, Schwitzen, Erstarren, Stocken der Stimme, starkes Zittern, Bewusstlosigkeit).
Obwohl Krishna-Chaitanya sämtliche großen Gelehrten seiner Zeit in philosophischen Debatten geschlagen hatte, schrieb er selbst nur acht Sanskrit-Verse, die als Sri Shikshashtakam bekannt sind. Den Rest überließ er seinen gelehrten Schülern. Sein Sekretär Svarupa Damodara hat alle Begebenheiten und philosophischen Aussagen peinlich genau aufgeschrieben. Diese Notizen und weitere Unterlagen standen den Verfassern des Chaitanya Charitamrita und des Chaitanya Bhagavata zur Verfügung.

Von seinen Begleitern und vielen anderen Menschen als der Herr Sri Krishna erkannt und verehrt, verweigerte er selbst jegliche Art solcher Verehrung. Wenn er gepriesen wurde, hielt er sich die Ohren zu und sang laut die Namen von Krishna. Seine Biografie zeigt auf, dass er nur in jenen seltenen Momenten, wo er sein göttliches Wesen seinen Vertrauten offenbarte, auch deren Verehrung annahm, um ihnen kurz darauf auch immer wieder verbot, über diese Offenbarungen zu sprechen.

Krishna-Chaitanya verlässt die Welt

Am siebten Tag des Monats Ashadha (29. Juni 1533) verschwand Chaitanya im Gundica-Tempel (in Puri). Bhaktas wie Shrivasa Pandit, Mukunda Datta, Sri Govinda, Kashi Mishra usw. sahen, wie er in den Tempel ging, die Tür fiel zu. Die Bhaktas baten den Tempelpriester, die Tür zu öffnen. Er sagte ihnen: „Prabhu (Chaitanya) ist im Träger des Gunja-Kranzes (der Bildgestalt des jugendlichen Krishna im Tempel) verschwunden. Ich habe gesehen, wie er in ihm (Krishnas Bildgestalt) unsichtbar wurde.“
(Chaitanya Mangala, Sheshakhanda 210-211; zitiert von Walther Eidlitz in „Krishna-Chaitanya – Sein Leben und Seine Lehre“.)

Andere berichten, er wäre in der Bildgestalt von Jagannatha verschwunden. Welche Version stimmt, ist heute nicht mehr feststellbar.

Äußere Fakten:

  • Es gab nie einen Leichnam von Krishna-Chaitanya,
  • es gab keine Bestattungsrituale, was für eine Persönlichkeit wie Chaitanya Mahaprabhu mit einem riesigen Menschenauflauf verbunden gewesen wäre, und
  • es existiert kein Samadhi. Der Körper von heiligen Persönlichkeiten wird nicht wie sonst üblich verbrannt, sondern immer bestattet und darüber wird ein kleines Gebäude gebaut, das Samadhi genannt wird.

Philosophisch ist die Situation einfach zu verstehen. Das Vishnu-Tattva steigt aus der spirituellen Welt in die Materie hinunter. Dies ist die Bedeutung von Avatara. Konkret bedeutet dieses „Herabsteigen“, dass sich die ewige, spirituelle Gestalt Gottes in den Welten der Maya-Shakti sichtbar macht.
Bestimmte Avataras vollziehen dabei ein, für materielle Augen, undurchschaubares „Bühnenstück“, beginnend mit einer scheinbaren Geburt bis zum angeblichen Tod oder dem Unsichtbarwerden.

Krishna-Chaitanyas Lehre

Chaitanya Mahaprabhu begründete kein neues System der Verehrung. Die Krishna-Bhakti war schon deutlich über 4000 Jahre bekannt, wurde jedoch von den Gelehrten seiner Zeit belächelt oder gar verpönt. Die analytische Betrachtung der Veden stand durch den Einfluss von Shankaras Advaita-Vedanta an vorderster Front. Doch die Gelehrsamkeit und der mystische Einfluss Chaitanyas bewegte Hunderte von Advaita-Vedanta-Sannyasis (Mönche, die streng dem System Shankaracharyas folgten) dazu, sich dem Pfad der Krishna-Bhakti zuzuwenden, so verhalf er dem Bhakti-Yoga wie es im Bhagavatapurana und anderen Schriften beschrieben ist, wieder zu seiner ursprünglichen Bedeutung.

Einige seiner Schüler schickte er nach Vrindavan, um dort die Theologie der Krishna-Bhakti zu erörtern und darüber zu schreiben. Später wurden sie als die sechs Goswamis von Vrindavan bekannt. Unter ihrer Anleitung bauten spendenfreudige Kaufleute verschiedene Tempel zu Verehrung Krishnas, die noch heute zu sehen sind. Die sechs Goswamis durchsuchten auf der Grundlage von Chaitanyas Beweisführungen die vedischen Schriften. Ihre Werke wurden daher zur Grundlage der Gaudiya-Vaishnava-Schule, welche zur Brahma-Sampradaya gehört, eine der vier in den Veden erwähnten Guru-Schüler-Nachfolgelinien (die anderen drei gehen von Sri (Lakshmi), Shiva und den vier Kumaras aus).

Chaitanya lehrte, Bhakti, die liebende Hingabe an Krishna, sei die effektivste spirituelle Methode und auch das letzte Ziel aller spirituellen Praxis. Diese scheinbar emotional gefärbte Theologie betont die aktive Beziehung des Bhakti-Yogi zum göttlichen Paar Radha-Krishna und wird in allen Stufen vom Singen und Rezitieren der heiligen Namen Gottes begleitet.

Manche indischen Philosophen betonen das Ungetrenntsein (abheda) von Lebewesen und göttlichem Urgrund, andere die Getrenntheit (bheda). Sri Chaitanya dagegen lehrte die Auffassung des acintya-bheda-abheda-tattva: des „unbegreiflichen gleichzeitigen Eins- und doch Verschieden-Seins“. Brahman wird bei ihm nicht als attributlos, als „reines Bewusstsein“ betrachtet, wie es in der Advaita-Philosophie der Fall ist.

Sri Chaitanya lehnte das damals bereits entartete Kastensystem ab und hieß auch Muslime (z.B. Haridasa Thakura) und andere so genannt Unberührbare als Bhaktas willkommen, als liebende Geweihte Krishnas.

Die indische Post veröffentlichte zu seinen Ehren 1986 eine Briefmarke zum 500. Jahrestag.


Einige bekannte Namen Krishna-Chaitanyas

  • Gauranga
  • Gaura
  • Gaurahari
  • Gaurakrishna
  • Mahaprabhu
  • Nimai
  • Nimai Pandit
  • Nimaisundara
  • Shacisuta
  • Shacinandana
  • Vishvambhara

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