Gaurahari Das — Meine Wenigkeit

Fragen & Antworten zu meiner Person

Francis Kaderli (Gaurahari Das)

Seit dem Bestehen dieser Homepage (November 1995) wurden derartig viele Fragen an Renate und mich gerichtet, dass mit unseren Antworten bereits ein ansehnliches Buch gedruckt werden könnte. Aus diesem Grunde – auch weil im Netz immer wieder meine Person thematisiert wurde (meist dann, wenn es einigen Personen in den Diskussionsforen an Argumenten fehlte) – schien es mir eine gute Idee zu sein, nebst anderen, auch diesen FAQ über mich zu verfassen.

Wer steckt hinter Gauraharis Bhakti-Yoga Homepage?

Ich, Francis Kaderli, besser bekannt als Gaurahari und zum Teil meine Ehefrau Renate (Sacimata).

Für uns ist Bhakti-Yoga eine Lebenseinstellung oder eben Philosophie, die nicht an einer Organisation oder Institution festgemacht werden kann. Dasselbe wird von den traditionellen Schulen (Sampradayas) ebenfalls gesagt. Wir sind seid 1984 verheiratet und leben in Thun.

Erstmals bin ich 1978 durch ein Buch auf das Bhakti-Yoga aufmerksam geworden und besuchte deshalb noch im gleichen Jahr Indien. Dort, in Vrindavana, trat ich im Alter von knapp 22 Jahren der Hare-Krishna-Gruppe ISKCON (Internationale Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein) bei.
Seit dieser Zeit habe ich mich in verschiedenster Weise mit dieser Philosophie auseinandergesetzt: unterschiedliche Ashramas (auch in Indien) besucht und selbst während 3 Jahren (bis Ende 1981) in indischen und in erster Linie in Schweizer Ashramas gelebt.
Ende 1981 verließ ich den ISKCON-Tempel in Zürich, um kurz darauf meine Frau Renate kennenzulernen. Zusammen verbrachten wir die nachfolgenden 4 Jahre in relativ enger Verbindung zum Tempel in Zürich. Während dieser Zeit entwickelten wir gemeinsam immer mehr eine (selbst-)kritische Haltung, bzw. ein selbstständiges philosophisches Denken und Fühlen, weshalb Renate eine Einweihung innerhalb dieser Institution ausschloss.
Obschon wir damals in jeder Beziehung von der restlichen Vaishnava-Welt isoliert wurden (in der Schweiz wussten damals nur wenige Mitglieder davon, dass ISKCON nur einen kleinen Teil der Vaishnavas stellt), beschlossen wir 1986, uns gänzlich von dieser Institution zu lösen.

Mein Studium der Vaishnava-Literatur ging weiter, auch wenn der Vertrauensbruch mit dem damaligen ISKCON-Lehrer (Harikesha) eine schmerzhafte Erfahrung mit sich brachte. 1988 kam ich dann erstmals mit der Sri Caitanya Saraswath-Math, die von Srila B.R. Sridhara Maharaj, einem Freund von Srila A.C. Bhaktivedanta Swami, gegründet wurde. Dieser Kontakt führte zu mehr Studienmaterial, so auch zu den Büchern von Walther Eidlitz.

1990 lernten wir Paramadvaiti kennen. Seine damals unsektiererische Offenheit beeindruckte uns sehr und folglich baten wir darum, uns formell als seine Schüler anzunehmen. Renate und ich machten bereits von Anfang an deutlich, dass wir an keiner gleichzeitigen Mitgliedschaft in irgendeiner Institution interessiert sind. Denn das vedische Guru-Schüler-Prinzip basiert auf persönlichen und vertrauensvollen Beziehungen, nicht auf institutioneller Zugehörigkeit. Diese Tatsache wurde durch ihn bestätigt. (Mehr dazu, insbesondere auch die Ursachen und aktuellen Gründe unserer heutigen Distanz zu Paramadvaiti, auf gaurahari.ch.)

Entsprechend der vedischen Tradition erhält der Schüler bei diesem Anlass einen Einweihungsnamen. Der meine lautet Gaurahari dasa und Renate erhielt den Namen Sacimata devi dasi. (Namen, die unser Vertrauen in die Philosophie des Vaishnavatums ausdrücken, trotz der bedauerlichen Distanz zu Paramadvaiti.)

Nachtrag 2018/19: Das persönliche fragwürdige Verhalten von Paramadvaiti – insbesondere gegenüber weiblichen Schülerinnen – und seine schleichende Fokussierung auf die eigene Institution VRINDA (oft auch nur VRINDA-Familie genannt, was dem Status Institution keinen Abbruch tut), die in unseren Augen inzwischen mehr Aufmerksamkeit als die individuelle spirituelle Entwicklung bekommt, erzeugte in den letzten Jahren zu unserem eigenen Bedauern eine anwachsende kritische Betrachtung seiner Person. Diese ließ uns letztlich leider keine andere Wahl, als uns ganz klar von seinen auf die Institution zentrierten Lehren und insbesondere von seinem persönlichen Verhalten zu distanzieren.

Was bedeutet die Einweihung? Gibt es in der Bhakti-Lehre eine Aufnahmezeremonie in die Glaubensgemeinschaft (etwa vergleichbar mit der christlichen Taufe)?

Ähnlich wie bei anderen Wissensgebieten, wird auch die Bhakti-Lehre vom Lehrer zum Schüler weitergereicht, wobei jeder Lehrer sich gleichzeitig als Schüler seiner Lehrer sieht. Dies wird Schülernachfolge (Guru-Parampara) genannt. Zu unterscheiden ist die physisch sichtbare Parampara (feste Linie von Lehrer-Schüler-Lehrer-Schüler usw.) von der so genannten Bhagavata-Parampara, die sich auf die Shiksha (Unterweisung) konzentriert und nicht auf eine lückenlose physische Linie pocht.

«Einweihung» heißt es nicht deshalb, weil man in eine Glaubensgemeinschaft aufgenommen wird, sondern weil man von seinem Lehrer über den Pfad der Liebe zu Gott unterrichtet wird (vedischem Denken liegt Institutionalisierung völlig fern, obschon leider in der Neuzeit auch eine institutionalisierte Denk- und Verhaltensweise im Vaishnavatum auf dem Vormarsch ist).

Einweihung hat folglich nichts mit Förmlichkeiten oder Ritualen zu tun, sondern in erster Linie mit Vertrauen in die Lehre der liebenden Hingabe zu Gott. Dass sich hierbei auch engere oder lose Gemeinschaften mit Gleichgesinnten bilden können, ist zwar eine natürliche menschliche Folge, die durch die unterschiedlichsten Interessengemeinschaften und Vereine belegt wird, aber dennoch ist die Unterweisung (Shiksha) immer unabhängig von Institutionalismus jeglicher Art.
Siehe hierzu auch meine philosophische Betrachtung zum Thema Einweihung.

Ging mit der Einweihung als Schüler eine Zugehörigkeit zu VRINDA einher?

Nein.
«Einweihung» ist in der ursprünglichen Tradition kein Vorgang, der an eine Kirche oder eine andere Form von Institution bindet oder gar eine solche voraussetzt. In Indien wird philosophisches und religiöses Wissen und Gedankengut seit Alters her in der persönlichen Beziehung von Lehrer (Guru) zum Schüler weiter gegeben, das heißt, in einer Schülernachfolgelinie oder Sampradaya: «sam» (unverfälscht und treu), «pra» (weiter), «daya» (geben). Dementsprechend wird ein Lehrer dadurch zum Lehrer, dass es Menschen gibt, die in ihm einen Lehrer sehen und deshalb seine Schüler sein wollen und nicht dadurch, dass jemand ihn zum Lehrer ernannt, dem man nun folgen muss.
Niemand kann behaupten «ich bin zum Guru ernannt worden, weil … also habt ihr mich so zu sehen», sondern sein Guru-Sein wird einzig durch jene begründet, die in ihm einen Lehrer erkennen. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen (mit ISKCON und VRINDA) kann und will ich mich nie als Mitglied einer Institution sehen, sondern nur als selbstständig denkenden Schüler des Bhakti-Yoga.
Siehe hierzu auch meine neue Homepage Gaurahari.ch.

Sind mit der Einweihung Pflichten, Rechte und Aufgaben in einem hirarchischen System verbunden, bzw. werden irgendwelche Entscheidungskriterien empfohlen?

Die Einweihung bezieht sich auf einen Vorgang und nicht auf ein hirarchisches System. Die Verantwortlichkeit liegt immer bei der jeweiligen Person, das heißt: es wird ausdrücklich zurückgewiesen, dass jemand gegen seine innere Überzeugung handelt! Die Tradition empfiehlt bei den Schriften, den Weisen (Sadhus) und beim Lehrer (Guru) Rat zu suchen, bevor man wichtige Dinge entscheidet. Doch letztlich muss sich die Entscheidung mit der persönlichen inneren Überzeugung in Einklang befinden.

Ein Leitsatz ist: »guru, sadhu, sastra vakya, cittete koriya aika« – Prüfe mit Hilfe von Lehrer, Heiligen und Schriften, doch entscheide mit dem Herzen.
Es entsteht dabei auch kein psychologischer Druck in dem Sinne: «Aber wenn dich deine innere Stimme trügt, dann…..». Es wird klar betont, dass die innere Überzeugung den Ausschlag geben muss, weil ansonsten die Grundlage für das individuelle spirituelle Wachsen von Beginn an falsch wäre. Auch wenn man dabei Fehler macht, sind diese Fehler wichtige Erfahrungsgrundlagen für eine selbstverantwortliche spirituelle Entwicklung des Einzelnen.
Siehe hierzu insbesondere Freiheit und Fortschritt von Bhaktivinoda Thakur.

Dann kennen die Veden kein Hierarchiesystem?

Doch. Aber dieses bezieht sich auf das soziale Zusammenleben innerhalb einer Gesellschaft und nicht auf die spirituellen Ideale einer Person.

Grundsätzlich kann man festhalten:
In echten spirituellen Beziehungen gibt es niemals aufgezwungene Autoritäten.

In welcher Beziehung stehst Du zum Gründer der ISKCON, Srila A.C. Bhaktivedanta Swami?

Durch seine Bücher bin ich zum ersten Mal mit Bhakti-Yoga in Kontakt gekommen. Daher fühle ich zuerst mal grosse Dankbarkeit für seine Anstrengungen. Ihn selbst lernte ich leider nicht mehr persönlich kennen, da er bereits 1977 verschied.

Ich selbst schätze Srila Bhaktivedanta Swami Prabhupada als für unsere Zeit bedeutenden Bhakti-Gelehrten, der mich (durch seine Übersetzungen und Erläuterungen der Texte) als erster mit Sri Krishna und Nitai-Gauranga in Berührung brachte.
Nichtsdestotrotz erachte ich viele Aussagen in seinen Büchern und ebenso aufgezeichnete Aussagen über zumeist weltliche und politische Aspekte als bedenklich oder muss sie aus faktischen oder philosophischen Gründen sogar klar zurückweisen. (Übrigens Bücher, die er allesamt auf Band sprach und die später von den noch jungen und unerfahrenen Schülern in eine schriftliche Form editiert wurden.)

Kann man diesbezüglich von einer Spaltung oder einem „Schisma“ sprechen?

Nein.
In der vedischen Tradition wird Philosophie und Religion nicht in Institutionen oder Kirchen weitergegeben, von denen sich andere abspalten könnten. So unterschiedlich die religiösen/philosophischen Strömungen innerhalb der vedischen Tradition sein mögen, so grundsätzlich einig sind sie sich im Verständnis, wie dieses Wissen weitergereicht wird: Persönlich, individuell vom Lehrer zum Schüler.  Sie sind voneinander unabhängig aktiv, ohne dadurch zwangsweise in einen Konkurrenzstreit zu treten, da es einem ernsthaften Vertreter nur um die transzendentalen Ideale und nicht um seine weltliche gesellschaftliche (Macht)-Position oder um Institutionszugehörigkeit gehen sollte.

Dieses System wird im Caitanya-Caritamrta mit einem großen Baum, seinen Hauptästen, Nebenästen und seinen vielen Zweigen verglichen.

Grundsätzliches zu diesem Thema findet man auch auf Gaurahari.ch