Karma — Das Tun und die Folgen des Tuns

Als Grundlage dient die Darlegung der Vishnupedia!

Frage 1

Was bedeutet der Begriff «Karma»?

Antwort

Im strengen Sinn der Worterklärung bedeutet «Karma»: Handlung. Die vedischen Schriften, wie die Bhagavad-Gita, führen diesen Begriff noch weiter aus, indem sie zwischen drei Arten von Handlungen unterscheiden: Karma, Vikarma und Akarma.
Als «Karma» werden Handlungen bezeichnet, die eine angenehme Rückwirkung erzeugen. Es sind Handlungen, die im Einklang mit dem Dharma stehen. «Vikarma» bezieht sich auf Handlungen, deren Wirkungen als Leid empfunden werden, physisch und psychisch.
Der Karma-Kandha Teil der Veden unterscheidet diese zwei Arten des Handelns entsprechend den in den Veden zu findenden moralischen und ethischen Richtlinien als glückbringende und leidbringende Tätigkeiten.
Dem Tun beider Kategorien ist gemeinsam, dass sie Bindung im Kreislauf der Wiedergeburt erzeugen. Sie werden deshalb als «Karma-bandhana» bezeichnet: Handlungen, die das Selbst (Atman) im Kreislauf der Wiedergeburt festbinden. Die dritte Art von Handlungen wird «Akarma» (Nicht-Handeln) genannt. Das heißt, sie erzeugen weder angenehme noch leidvolle Wirkungen, da sie durch ihren Bezug zur göttlichen Welt, keine «materielle» Wirkung erzeugen, die in Form einer Reaktion «geerntet» werden muss.
Als Akarma wird grundsätzlich alles Tun bezeichnet, das in Gott (Krishna) gründet und auch alle Handlungen, die auf das Wohl des eigenen Selbst (Atman) oder des Wohls anderer Atmans zielen.
In der Bhagavad-Gita wird wie folgt darauf verwiesen:
«Jemand, der nicht motiviert ist, die Früchte seiner Handlungen zu genießen, befreit sich schon in diesem Leben von guten (karma) und schlechten Taten (vikarma). Beschäftige dich deshalb auf dem Pfad des selbstlosen Handelns, denn solches Buddhi-yoga, die Ausgeglichenheit im selbstlosen Handeln, ist bestimmt die wahre Kunst des Handelns.» (2.50)
Über den rein wörtlichen Gehalt hinaus schließt der Begriff «Karma» auch die Folgen (Reaktionen) des Tuns ein. Entsprechend den Handlungen werden Wirkungen erzeugt, die – im Laufe der Zeit, zumeist auf viele Leben in feinstofflichen und physischen Körpern verteilt – auf den Handelnden zurückfallen.
Da niemand nur «gut» oder nur «schlecht» handelt, sind auch die auf den Verursacher zurückfallenden Wirkungen in unterschiedlichen Verhältnissen von Genuss und Leid anzutreffen. Dies wird dann oft als sogenanntes gutes oder schlechtes Karma oder einfach nur als «karmische Reaktionen» bezeichnet.

Frage 2

Was bedeutet «das Gesetz des Karmas»?

Antwort

Das Gesetz des Karmas wird als eine Art Naturgesetz des Ausgleichs verstanden, das dafür sorgt, dass jedes Lebewesen zukünftig die Früchte seines eigenen Tuns entgegennehmen muss. Es ähnelt dem newtonschen Gesetz von Ursache und Wirkung, entzieht sich jedoch aufgrund seines subtilen Charakters physikalischer Überprüfbarkeit, obwohl es sich unter anderem auch auf der grobstofflichen (physikalischen) Ebene auswirkt.
Es ist aber kein mechanisches System, da es Gott als Paramatman untersteht und von ihm geleitet wird, und zwar als Freund der Seele (Atman). Mit diesem Verständnis verliert der «Zufall» seine Grundlage. Stattdessen erhält der Begriff eine sehr wörtliche Bedeutung: etwas, was einem aufgrund des eigenen vergangenen Tuns «zu-fällt».

Unter der Leitung des Paramatman, der als stiller Freund und Beobachter jeden Atman im materiellen Kosmos begleitet, erhält der Atman eine passende Auswahl an Reaktionen. Diese sind so gewählt, dass der verkörperte Atman lernen und sich entwickeln kann. Wobei niemals ein Lernzwang besteht, sondern eher eine Lernmöglichkeit. Denn der Höchste zwingt niemanden zur Einsicht oder zur Erkenntnis des ewigen Selbst.

Frage 3

Wenn alles auf «Karma» beruht und es keine Zufälle gibt, ist alles vorherbestimmt, was einem im gegenwärtigen Leben geschieht. Wo bleibt da noch Raum für die Eigenverantwortlichkeit?

Antwort

Entsprechend dem vedischen Karma-Verständnis ist lediglich das Ausmaß des Genusses und des Leides vorherbestimmt. Die individuelle Freiheit, über sein Tun zu bestimmen, wird davon nicht berührt. Ich kann von heute auf morgen nach Australien auswandern, aber auch dort wird mir dasselbe Ausmaß an Genuss oder Freude und Leid begegnen, das mir zusteht. Daher kann in diesem Sinne nicht von einer absoluten Vorherbestimmung gesprochen werden. Vielmehr ist alles, was geschieht, eine Wechselwirkung von dem, was sich die Lebewesen einerseits in der Vergangenheit gewünscht haben (freier Wille), was sie (aufgrund des freien Willens) getan haben und andererseits den Wirkungen (die karmischen Reaktionen) des eigenen vergangenen Tuns.
Konkret befinde ich mich aufgrund meiner vergangenen Wünsche und Handlungen in einer bestimmten Situation, ob mir diese gefällt oder nicht. Gleichzeitig bin ich aber immer frei, wie ich mit dieser Situation umgehe. Dieses Umgehen in und mit der Situation wird wiederum Mitursache für neue zukünftige Lebenssituationen im Kreislauf der Wiedergeburt werden.
Ohne (Willens-)Freiheit kann es keine Eigenverantwortlichkeit geben. Daher sind der Wille und das Wünschen immer frei, aber gleichzeitig ist das Lebewesen nicht allmächtig. So kann das Lebewesen jederzeit frei entscheiden (wünschen/handeln), doch wann und wo dieser freie Willensausdruck arrangiert wird, liegt in Gottes Hand, der als innerer Lenker (in Sanskrit: antaryami) in allen Lebewesen und allen Dingen weilt.
Das heißt: wir wünschen und sehnen uns nach bestimmten Dingen (auch wie wir handeln möchten). Entsprechend diesen Wünschen aus vielen Leben und des uns und den anderen Lebewesen zustehenden Glücks und Leids, leitet der innere Lenker unsere Wege und die Wege aller anderen Lebewesen. Auf unfassbare Weise kontrolliert er alles und gewährt gleichzeitig allen Seelen ihre Freiheit des Wünschens und im Rahmen dessen, wie die jeweilige karmische Situation liegt, auch des Handelns. 
Was unsere vergangenen Wünsche betrifft, ist aber alles sehr beweglich und keinesfalls starr. Beispielsweise kann es unser Wunsch gewesen sein, soviel Fleisch zu essen, wie es uns gelüstet. Dieser Wunsch könnte seinen kleinen Beitrag dazu geleistet haben (mit vielen anderen Wünschen und den karmischen Reaktionen, die uns zustehen), dass wir in einer Schlachthaus-Kultur geboren wurden, wo tägliches Fleischessen das »Normale« darstellt. Doch obschon wir diese Wünsche gehabt haben, sind wir nicht gezwungen, diesen Wunsch aufrecht zu halten oder Fleisch zu essen. Jederzeit können wir das dadurch verursachte Elend der Tiere und die ökologischen Folgen erkennen und unsere Wünsche und unser Handeln entsprechend ändern.
So können wir in unserer individuellen Freiheit durch unsere Wünsche (Willen, Wollen) die Richtung unseres Weges frei bestimmen. Die Eigenverantwortlichkeit bleibt so immer bestehen. Wir sind aber gleichzeitig immer mit den Folgen unserer vergangenen Handlungen konfrontiert und können an diesem Punkt – wo sich die Reaktionen einfinden – nicht mehr sagen: „Nein danke, damit will ich nichts zu tun haben.“ Indem wir glauben, für unseren Schmerz und psychisches Elend müssten andere verantwortlich sein, nehmen wir uns die Gelegenheit Verantwortung zu übernehmen und daraus zu lernen.
In dieser Weise ist unser Wille, sind unsere Wünsche frei, während wir gleichzeitig durch die Folgen unserer Handlungen gebunden werden, also die graduelle Bedingtheit in dieser Welt selbst verursachen.
Diese Freiheit ist vergleichbar mit der Freiheit eines Bürgers in einem demokratischen Land. Freiheit bedeutet nicht, nach Lust und Laune einfach alles tun zu können, sondern bedeutet die Freiheit, welche sich innerhalb der demokratischen Regeln und Gesetze bewegt.

Frage 4

Ist das Karma-Verständnis vergleichbar mit dem christlichen Verständnis der Erbsünde oder der Strafe Gottes? Beide Ideologien, sprechen dem Menschen für bestimmte Handlungen Schuld zu und bestrafen sie dafür.

Antwort

Karma ist keine Ideologie, die jemandem Schuld und Strafe für Handlungen zusprechen würde. Der Begriff «Karma» umschreibt lediglich den «Vorgang», dass das, was von einer Person ausgeht, wieder zu ihr zurückkommt. Die Person wird also nicht von einem Dritten (Gott) für ihr Tun bestraft oder belohnt, vielmehr wird sie von ihrem Tun „bestraft“ oder „belohnt“. Als Analogie kann folgendes Beispiel dienlich sein: Wenn jemand mit seiner Hand gegen eine Scheibe drückt, drückt die Scheibe entsprechend gegen seine Handfläche zurück. Es gibt keinen Dritten, der darüber entscheiden müsste, welcher Druck auf die Handfläche der Person zurückzufallen hat. Vielmehr fällt der ausgeübte Druck einfach auf den Verursacher zurück. Das ist eine physikalische Gesetzmäßigkeit.
In diesem Sinne wird Karma als eine Art Naturgesetz verstanden, das – wie jedes andere Naturgesetz – wertfrei ist, obwohl es letztendlich auf der Kraft Gottes beruht und seiner Kontrolle untersteht.
So ist es auch niemals eine Erbsünde im christlichen Sinne, sondern vielmehr ein Erbe unserer eigenen vergangenen Taten in früheren Verkörperungen.

Kommentar 5

Die Karmalehre hat es noch nicht einmal bis zur Vergebung gebracht – noch immer ist dahinter ein strafender Gott zu finden, der Gleiches mit Gleichem vergilt!

Antwort

Es ist die buddhistische Karmalehre, die keine Vorstellung von Vergebung kennt, sondern nur einen graduellen Kampf um Selbsterlösung. Im Verständnis der drei sittlich negativen (Gier, Hass, Verblendung) und sittlich positiven Haltungen (Selbstlosigkeit, Güte, Weisheit), die als die sechs Wurzeln dessen beschrieben werden, was als leidvoll bzw. heilsam gilt, gründet diese Karmalehre.

Das in den Veden beschriebene Karma-Gesetz beinhaltet in sich selbst auch keine Vergebung, da es lediglich eine kontrollierte Wirkungsweise der materiellen Natur darstellt, in welcher die universale Gerechtigkeit zum Ausdruck kommt.
Im Gegensatz zum Buddhismus spricht die vedische Lehre jedoch von einer höheren göttlichen Wirklichkeit und führt es auf die bewusste und unbewusste Verbindung mit diesem göttlichen Ursprung zurück, dass die unterschiedlichen Lebewesen von ihrer Karma-Last erleichtert werden. Dieses endlose Karma in der Verstrickung der Seele mit grob- und feinstofflicher Materie kann bei der Hinwendung zu Gott von ihm aufgelöst werden. Ist diese Hinwendung vermischt mit Angst oder der Furcht vor Reaktionen, gibt es eine Linderung, besonders von leidvollen Reaktionen, aber keine Erlösung vom Rad der Wiedergeburt. Nur wer sich ohne selbstische Absichten, aus reiner Anziehung zu ihm, sein Herz ihm öffnet, kann das Geschenk vollkommener Liebe zu ihm empfangen. Und es ist diese Liebe (Prema), welche nebenbei die vollständige Auflösung von Karma bewirkt und den Zugang in die ewigen Gottesreiche ermöglicht. Diese Liebe zu Gott ist nichts, das man erzwingen oder durch »fromme Taten« erkaufen könnte. Sie ist immer ein Geschenk für jene, die sich aufrichtig und selbstlos Liebe zu Gott wünschen.

Karmische Reaktionen stehen immer im Dienste einer Lebensschule. Selbst auf der rein menschlichen Ebene gibt es das Prinzip «Gnade vor Recht», das dem Umstand Rechnung tragen soll, jemandem eine Chance zu geben, den richtigen Rank zu finden.
In ähnlicher Weise misst der Bhakta dem Prinzip der göttlichen Gnade (Barmherzigkeit) größere Bedeutung zu, als dem Prinzip der göttlichen Gerechtigkeit, was in dem Verständnis ausgedrückt wird: «Gott verzeiht, die Natur nicht!»
Daher empfehlen die Yoga-Schriften zum einen, sich immer so zu verhalten, dass das eigene Tun nicht einem anderen zur Ursache von Leid gerät. Dies nicht zuletzt aus dem Verständnis heraus, dass alles, was wir anderen zufügen, wir letztlich uns selbst zufügen (im Guten wie im Schlechten).
Im spirituellen Sinne bedeutet es, wir klopfen an die Türe der Barmherzigkeit (der Türe zur göttlichen Liebe) und nicht an der Türe der Gerechtigkeit (Karma, bzw. der harten Realität der Gerechtigkeit).

Frage 6

Kann «Karma» nicht als Begründung für menschliches Leiden benutzt werden, das überflüssig macht, sich mit konkreten Ursachen von Leid zu befassen, beispielsweise wenn Hunger und Durst in bestimmten Situationen zu beseitigen wären?

Antwort

Im Gegenteil!
Gerade die Lehre des Karma beinhaltet das Wissen, dass auch das Leid, das durch die Unterlassung von möglicher Hilfestellung oder -leistung (passiv) »verursacht«, bzw. »aufrechterhalten« wird, letztlich auf den Passiven zurückfällt. Auf jemanden, der das ihm sichtbare Leid nicht gemäß seinen Möglichkeiten zu beseitigen versucht, also gegenüber Leiden gleichgültig bleibt, welche man lindern oder beseitigen könnte, wird die entsprechende Reaktion ernten. Dabei wird die Hilfeunterlassung als ebenso schwerwiegend betrachtet, wie jemandem direkt Leiden zuzufügen.
Mit diesem vedischen Karma-Verständnis hat selbst der größte Egoist einen guten Grund, anderen entsprechend seinen Möglichkeiten zu helfen. Weil alles Gute, das er tut, ebenfalls als Reaktion zu ihm zurückkommen wird.

Kommentar 7

Die Karma- und Reinkarnationslehre ist leibesfeindlich, da sie den Körper bloß als ein (wechselndes) Fahrzeug für das Selbst betrachtet.

Antwort

Zwar unterscheiden die Veden deutlich zwischen dem zeitweiligen Körper und dem ewigen Selbst, dem Bewohner (Atman) des Körpers, betonen jedoch gleichzeitig, wie wertvoll der menschliche Körper ist. Er wird mit einem Boot verglichen, das in der Lage ist, den «Ozean des materiellen Leidens» zu überqueren. Die Unterscheidung zwischen Seele und Körper beinhaltet also nicht eine Körperfeindlichkeit, sondern eher das Gegenteil ist der Fall: Dem menschlichen Körper wird eine große Bedeutsamkeit beigemessen. Jede Verkörperung (auch wenn sie bloß zeitweilig ist) bietet dem Lebewesen die Möglichkeit für Erfahrungen und für weitere Schritte im persönlichen Lernprozess, welcher letztlich aus dem Kreislauf der Geburten und Tode hinausführen soll (sofern das gewünscht ist).
Es wird deshalb der grundsätzliche Ratschlag gegeben, weder den (zeitweiligen) Körper noch das (ewige) Selbst zu vernachlässigen, sondern das Zeitweilige in den Dienst des Ewigen zu stellen. Auf diese Weise kann das Zeitweilige das Lebewesen zum höchsten Ziel, Liebe zu Gott leiten.

Kommentar 8

Die Karma- und Reinkarnationslehre ist eine gefährliche Vergeistigung und Verseelung, da sie den Menschen dazu anhält, alles als unabänderliches karmisches Schicksal zu betrachten und sie so gleichzeitig davon abhält, sich mit den Dingen dieser Welt zu befassen.

Antwort

Im Gegenteil.
Dem vedischen Karma- und Reinkarnations-Verständnis liegt unter anderem der Gedanke zugrunde, dass das Lebewesen sich über verschiedene körperliche Existenzen hinweg weiterentwickeln oder zurückfallen kann, je nachdem, was es an Wünschen, Idealen und Tugenden entwickelt. In diesem Sinne wird Karma als Instrument einer großen Lebensschule verstanden, welche uns herausfordert, uns mit der Welt, unserer Position in derselben und mit unserem Tun auseinanderzusetzen.
Das Shrimad-Bhagavatam sagt unmissverständlich (10.22.35):
«Es ist die Pflicht eines jeden Lebewesens, mit seinem Leben, seinem Reichtum, seiner Intelligenz und seinen Worten zum Wohl anderer tätig zu sein.»
Dieser Forderung ist nicht nachzukommen, wenn man seine Augen verschließt und alles als unabänderliches Schicksal betrachtet. Dieser Forderung kann man nur dann nachkommen, wenn man denkt: Mir ist jetzt das Glück zuteilgeworden, die Gelegenheit zu erhalten, einer anderen verkörperten Seele zu helfen, welcher durch das Karma meine Hilfeleistung zusteht.
Für den Bhakti-Yogi geht es in dieser Schule des praktischen Lebens und der praktischen Anwendung (z. B. auch in Bezug zu Pflichten und persönlichem Verhalten in der Welt) letztlich darum, frei von materiell-egoistischen Motivationen das Lieben zu lernen.
Menschen, welche in dieser Welt genießen möchten, fassen durch das Karma-Verständnis die Gelegenheit, ihr gutes Karma-Konto zu vergrößern.
Wer sich nichts anderes als Genuss in den fein- und grobstofflichen Welten des Kosmos wünscht, der bekommt durch ein klares Karma-Verständnis das Instrument dazu in die Hand. Zudem versteht er glasklar, dass es nichts Unabänderliches gibt im Kreislauf von Geburt und Tod.

Kommentar 9

Am Beispiel der Judenvernichtung im Dritten Reich wird deutlich, dass das Karma- und Reinkarnation-Verständnis eine rassistische Theorie ist. «Jude» zu sein, ist praktisch gleichbedeutend damit, «schlechtes Karma» zu haben.

Antwort

«Jude zu sein» ist nicht im Geringsten damit gleichzusetzen. Wenngleich eine Vielzahl von Lebewesen zu einem bestimmten Zeitpunkt in ihrer Verkörperung als Jude eine Rückwirkung aus vergangenem Tun zugefallen ist, die sich historisch betrachtet als «Holocaust» präsentiert, waren noch viele Millionen andere davon betroffen. Die größte Zahl an Todesopfern findet man nicht bei den internierten Juden, sondern bei Russen.
Das Karma-Verständnis bezieht sich auf den verkörperten Atman und nicht auf den Körper mit seinen unterschiedlichen und zeitweiligen Bezeichnungen wie Schwarzer, Weißer, Mann, Frau, Russe, Deutscher, Atheist, Christ, Hindu, Jude, arm, reich usw.
Karma beurteilt auch nicht, ob etwas – gemäß ständig wechselnden gesellschaftlichen Normen – sogenannt «gut» oder «schlecht» ist. Es wertet nicht nach zeitweiligen moralischen oder ethischen Bekenntnissen. Es gibt einfach jedem genau das zurück, was er selbst durch sein eigenes Handeln verursacht hat, unabhängig von Rassen- oder Religionszugehörigkeit, ob Atheist oder Theist usw.
Es betrifft jedes Lebewesen gleichermaßen und wirkt sich entsprechend im Verlaufe der Wiedergeburten aus.

Unabhängig davon, welchen Körper jemand hat und egal unter welchem «Ismus» er lebt, ist Karma immer individuell an das handelnde und wünschende Lebewesen gekoppelt. Karma bezieht sich nie auf äußerliche Bezeichnungen von Land, Volk, Rasse, Religion, Geschlecht usw. 
Die Massenermordung der Juden kann nicht dem Vorwurf dienen, das Karma-Verständnis enthalte rassistische Tendenzen. Zwei jüdische Nobelpreisträger der jüngeren Zeit (Nelly Sachs und Isaac B. Singer) sehen den Wiedergeburts- und Karmaglauben als Aufarbeitungsmöglichkeit des jüdischen Schicksals im Dritten Reich.
Karma ist immer individuell und es obliegt dem Willen Gottes, zu bestimmten Zeiten eine große Zahl von Seelen an einem Ort zusammenzuführen, sodass sich ihr individuelles Karma gemeinsam erfüllen kann. Gleichzeitig, bedingt durch die Größe des Ereignisses, kann es bei vielen anderen Seelen, welche ein solches Ereignis nur beobachten oder durch die Geschichte erzählt bekommen, einen individuellen Lernprozess auslösen, wobei das Lernen immer freiwillig bleibt. Das bedeutet, es gibt immer alternative Betrachtungsweisen, um dem Lernen ausweichen zu können.

Siehe hierzu auch eine jüdische Meinung:
Leserbrief vom 6.6.98 in der BaZ oder das Buch
Kehren die Opfer des Holocaust wieder?“ von Rabbi Yonassan Gershom.

Kommentar 10

Im privaten Raum mag das ja noch einigermaßen verständlich klingen, aber sobald größere Prozesse ins Spiel kommen, sieht man die klaffenden Lücken dieser Theorie. Beispiel Judenvernichtung: Das richtete sich nun gegen ein ganzes Volk.

Antwort

Um Himmels Willen: nein!
Karma richtet sich niemals gegen ein Volk oder gegen eine Rasse. Wenn du meine Seiten über Karma und Reinkarnation aufmerksam liest, wirst du das sofort verstehen.

Das Nazi-Bestreben der Judenvernichtung war natürlich gegen ein Volk – oder besser – gegen eine Glaubensgemeinschaft gerichtet. Die Täter waren Menschen (wie Hitler und seine Vasallen), die aufgrund ihres rassistischen Gedankenmülls ein ganz bestimmtes (Glaubens-)Volk vernichten wollten.
Aber was das Karma betrifft, kennt dieses weder «Judenvernichtung», noch richtet es sich gegen «ein Volk» oder gegen eine «Glaubensgemeinschaft». Karma richtet sich weder gegen Juden, noch Indianer, noch überhaupt gegen jemandem, dem es schlecht geht – ja, es richtet sich nicht einmal gegen Mörder. Das Wort „gegen“ in Bezug zu Karma ist gänzlich fehl am Platz.
Es ist egal ob ich oder ein Mörder oder ein Gottesgläubiger irgendeiner Glaubenszugehörigkeit handelt: Ist einer von uns Ursache von Vikarma (siehe Vishnupedia), bekommt er das verursachte Leiden zurück. So hat er die Chance – ohne Zwang – zu lernen, dass andere Wesen das erfahrene Leid genauso wenig mögen, wie er selbst. Es ist nicht das Karma, das „für“ Handlungen „straft oder belohnt“, es sind die Handlungen selbst, die uns individuell lehren, indem wir die erfahrene Reaktion selbst bewerten. Denn hinter der Handlung, die eine karmische Reaktion in Gang setzt, steht immer eine individuelle, selbstverantwortliche Person.

Siehe auch Antwort 9 und zugehörigen Links!

Frage 11

War die Judenvernichtung gemäß dem Karma-Verständnis der Plan Gottes und die Nazis nur Erfüllungsgehilfen?

Antwort

Die Nazis waren in dem Sinne Erfüllungsgehilfen, da sich eine Vielzahl individueller Menschen solche Schandtaten (freiwillig) ausgedacht haben. Doch die karmischen Reaktionen in Form von Freude, Genuss oder Leid wird immer von Gott (als innerer Lenker) «zugeführt».

Die Handlungsweise der Nazis beruhte auf ihren persönlichen Wünschen, die von Gott erkannt und so gelenkt wurden, dass sie sich in karmisch gerechter Art und Weise auswirkten. Gott ist daher nicht der Verursacher des Leides, sondern der in allen Lebewesen und allen Dingen weilende unsichtbare innere Lenker (in Sanskrit «Antaryami» oder «Paramatman»). Er bewirkt, dass sich alles entsprechend dem universalen Prinzip der Gerechtigkeit innerhalb des individuellen »Karma-Konto-Standes« auswirken kann. Die individuelle Freiheit und Verantwortlichkeit für das Handeln der Täter bleibt immer bestehen und wird in ihrer Zukunft irgendwann Früchte tragen, die gegessen werden müssen.

Ein wirklicher Gehilfe würde keine Reaktionen für sein Tun erhalten. Im vedischen Karma-Verständnis gibt es jedoch keine solchen Erfüllungsgehilfen und auch kein entsprechendes philosophisches Konzept, dass solche Verbrecher von ihrer Schuld freisprechen würde. Jedes verkörperte Lebewesen – sei es ein sadistischer Nazi oder sonst jemand – ist immer vollkommen für sein eigenes gutes oder grausames Tun verantwortlich und wird daher auch entsprechend diesem Tun irgendwann die Früchte in Form ähnlicher Reaktionen ernten müssen (nicht ähnliche Umstände; die können sehr stark variieren).
Jemand, der einem anderen etwas antut, hat den inneren Wunsch, dies zu tun, etwas zu besitzen oder zu erlangen, und die Bereitschaft, dafür zu tun, was er dann letztlich auch tut. Gott nimmt keinen Einfluss auf den Wunsch und die Bereitschaft des Lebewesens. Er nimmt nur darauf Einfluss, dass sich Wunsch und Bereitschaft im richtigen Moment, in der richtigen Situation, bei den richtigen Mit-Lebewesen auswirken kann. Eben kein Zufall, sondern etwas, das zu-fällt.
In diesem Sinne ist jedes Lebewesen Werkzeug oder Erfüllungsgehilfe für die Freude, den Genuss oder das Leid anderer verkörperter Seelen. Trotzdem hat jeder gleichzeitig die volle Willensfreiheit und kann zu jedem Zeitpunkt die eigene innere Haltung und die damit zusammenhängende Handlungsweise ändern. Dementsprechend kann sich niemand aus der Verantwortung für sein Handeln stehlen.

Frage 12

Stellt das Karma-Verständnis den Massenmord an Juden als unvermeidlich dar?

Antwort

Auf die spezifischen Atmans, die in diesem Moment als Juden verkörpert waren, musste das früher verursachte Leid zurückfallen. So gesehen, war es unvermeidlich. Jedoch nicht in dem Sinne, dass dies in einer bestimmten Form zu geschehen hatte (beispielsweise Folter und KZs mit deren Tötungsmethoden).

Der 2. Weltkrieg ist zwar beendet, doch hat das individuelle Leiden und gewaltsame Sterben nicht aufgehört. Kriege wie in Ex-Jugoslawien, Afghanistan, Irak und vielen anderen Orten zeigen: das Elend des Krieges geht weiter und es gibt ohne Unterbruch immer Tausende von Seelen, die darunter leiden müssen. Auch ohne solche auffallenden Ereignisse geht das Leiden weiter, individuell und meist völlig unbemerkt von der Masse der Menschen und den Medien. Sei es in Form von Psychoterror am Arbeitsplatz oder innerhalb der Familie, seien es Verkehrsunfälle oder andere (Natur-)Katastrophen, seien es Krankheiten oder einfach nur das Leid des Alterns.
Ebenso erhält jeder seine ihm zustehenden angenehmen Reaktionen, die sich auf unterschiedliche Weise manifestieren können.

Frage 13

Wie kannst du dich als anti-Nazi bezeichnen?

Antwort

Ich verabscheue KZs, Folterungen, Herrenrassenwahn, Rassismus etc. Es ist die Karma- und Reinkarnationslehre der Veden (wie ich sie selbst vertrete), welche die Bruder- und Schwesternschaft aller Seelen lehrt und welche die unterschiedlichen Körperformen nur als zeitweilige »Kleidungsstücke« betrachtet.

In dieser Lehre gibt es nicht den kleinsten Raum, nicht die geringste Möglichkeit für nationalistischen oder rassistischen Gedankendreck. Zentraler Punkt dieser Lehre ist das Verständnis:
„Ich bin nicht der Körper, ich bin das ewige transzendente Selbst (Atman), und alle anderen Wesen sind exakt dasselbe. Sie sind alle meine Brüder und Schwestern, unabhängig von ihrem zeitweiligen Tun im Kosmos.“

Siehe dazu auch folgende Links:
Tata-stha-Shakti
Das unbekannte Ich
Der Sinn des Lebens von Walther Eidlitz

Nur auf der falschen Grundlage der Identifikation mit dem zeitweiligen Körper, ist es möglich, dass Nationalismus, Rassismus usw. Fuß fassen können. Daher ist das Atman-Verständnis der vedischen Karma- und Reinkarnationslehre ein ganz natürlicher Gegner von allen menschenverachtenden Ismen, welche sich immer auf der Identifikation mit dem zeitweiligen Körper stützen.

Kommentar 14

Wenn der Judenmord, also die Absicht, alle Juden zu vernichten, auch ganz einfach in die Karmalehre eingefügt wird, heißt das doch, dass die Juden als Gesamtheit in ihren „früheren Leben“ irgendwelche Übeltaten vollführt haben müssen. Das will mir aber in dieser Pauschalität nicht in den Kopf.

Antwort

Solche Pauschalität ginge mir auch nicht in den Kopf und widerspricht ja auch den geschichtlichen Tatsachen.
Die Absicht, alle Juden zu ermorden, wird nicht in die Karma-Lehre eingefügt. Aber durch die Karma-Lehre erhalten wir eine philosophische Erklärung, welche nicht Gott indirekt als Übeltäter bezeichnet.
Karma ist etwas ganz Persönliches, etwas Individuelles, das nichts mit Rassen-, Religions- oder Geschlechterzugehörigkeit usw. zu tun hat. (Siehe obige Antworten.)
Karmische Reaktionen sind immer individuell und nicht jüdisch. Das Karma-Gesetz ist weder gegen Juden, Hindus, Christen, Moslems, Schwarze, Weiße, Rote, Gelbe, Frauen, Männer usw., genau sowenig wie die Schwerkraft gegen irgendjemanden wäre, nur weil ein Stein, den er hochgeworfen hat, auf seinen Kopf fällt.
Das Karma-Gesetz bevorzugt auch niemanden, nur weil durch dieses Gesetz auch alle angenehmen Dinge des Lebens, all das, was wir als Glück oder Genuss bezeichnen, auf die verursachenden Seelen zurückkommt.
Karma kennt also weder Zuneigung noch Abneigung, es ist vollkommen wertfrei.
Auch während des Holocaust gab es auf der ganzen Welt viele wohlhabende Menschen, die dem jüdischen Glauben angehörten, und von den Gräueltaten Hitlers und seiner Schergen nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden. Doch unabhängig von solch großen geschichtsträchtigen Ereignissen genießen oder erleiden alle Lebewesen – überall und zu jeder Zeit – die Folgen ihres eigenen Tuns. Dies entspricht dem eigentlichen Verständnis des Karma-Gesetzes.
Es mag vorkommen, dass von höherer Seite her, bestimmte Seelen mit ähnlichem Karma so zusammengeführt werden, dass ein Ereignis wie der Holocaust stattfinden kann, um die Menschen etwas aufzurütteln, um sie auf festgefahrene Ungerechtigkeiten unausweichlich hinzuweisen. Das hat aber nie etwas mit der Rasse oder der Religionszugehörigkeit zu tun. 
Kommt hinzu, dass niemand von uns sagen kann, dass die Ursache der betroffenen Seelen in einer vergangenen Verkörperung als Jude erfolgte. Genauso gut könnte die Untat in einer Verkörperung als Christ gegen die Ureinwohner Amerikas erfolgt sein. Gleichzeitig kann es die Reaktion auf viele Taten in vielen vergangenen Körpern zusammengefasst sein. Für uns Menschen ist diese Ursachenforschung sehr schwierig. Es gibt einzelne Menschen, die sich an den Holocaust erinnern und auch an einige frühere Verkörperungen (Inkarnationen), die das Erlebte erklären. Doch dies sind absolut individuelle Erlebnisse, wie auch Rabby Gershom in seinen Forschungen aufzeigte.
Es scheint, dass solche unübersehbaren Ereignisse schon immer die Menschheit aufzurütteln versuchten. Man denke an die Gräueltaten Roms gegenüber den Christen, die Christen Europas gegenüber der indianischen Urbevölkerung Süd-, Nord- und Zentralamerikas, wo auch x-Millionen hingeschlachtet wurden, man denke an Hiroshima und Nagasaki, Vietnam, Bosnien, Jemen usw.
Manchmal leiden die Menschen privat, außerhalb der Wahrnehmung der Öffentlichkeit und manchmal trifft es so viele auf einmal, dass die ganze Menschheit erschüttert und aufgerüttelt wird. Doch das Karma muss man – egal in welcher Form es sichtbar wird – immer als etwas Individuelles sehen, das sich nicht an die zeitweiligen Manifestationen des Körpers und seiner Bezeichnungen binden lässt.

Kommentar 15

Die Aussage, Karma sei eine Lebensschule, und deshalb gebe es nichts schlechtes, was aus einem guten Grund heraus geschehe, ist blanker Zynismus, in Anbetracht beispielsweise eines Aidskranken, eines Taubstummen, eines Kindes, das von seinem Vater missbraucht wird und eines jeden anderen, der tagtäglich unter seiner Behinderung (den Lebensumständen usw.) zu leiden hat.

Antwort

Karma wird zwar als ausgleichendes Prinzip einer Lebensschule verstanden, ohne aber gleichzeitig zu behaupten, Aids sei großartig und vergewaltigende Väter gehörten zum guten Ton einer Gesellschaft (sie gehören meines Erachtens lebenslang ins Gefängnis oder in eine geschlossene Anstalt).
Doch das Leid ist weder Strafe Gottes noch ein freiwillig gewähltes Schicksal, sondern ist eine Reaktion, die mit unserem eigenen vergangenen Tun und somit mit unserer Entwicklung, unserem Lernen zu tun hat. 
Ein leidvoller Umstand wird im vedischen Karma-Verständnis nicht einfach als isolierter Punkt betrachtet, sondern als Punkt von vielen Punkten in einer Linie unzähliger Inkarnationen. Daraus leitet sich die Einstellung zur Situation ab: Auseinandersetzung mit der Situation und nicht Schuldzuweisung an Gott, den Zufall oder die Umwelt usw. 
Das Leid, das mir widerfährt, hat also in irgendeiner Form mit mir persönlich zu tun. Es ist etwas, das mir «zu-fällt» (weil es von mir verursacht wurde) und mit meiner Entwicklung der Sinnfindung – in einer Linie meiner persönlichen Handlungen und Wünsche – zusammenhängt.
Aus diesem Verständnis heraus kann man sich darin üben, jede Situation als Teil (Folge und Fortsetzung) des eigenen Weges durch die materielle Welt zu sehen und nicht als willkürliches, sinnloses oder zufälliges Ereignis.
Und wer Glück hat, versteht mit der Zeit, dass der »Ort« wo man als Seelenwanderer von einem Körper zum anderen unterwegs ist, nicht das wirkliche Zuhause sein kann. Dann beginnt die Suche nach dem ewigen, wirklichen Zuhause.

Kommentar 16

Welchen Nutzen soll die sogenannte Lebensschule beispielsweise für ein vierjähriges Kind haben, das in Somalia an Durchfall verreckt?

Antwort

Jede Erfahrung hat einen Einfluss auf die Person, unabhängig davon, ob diese Erfahrung noch in derselben Verkörperung eine Fortsetzung findet, oder erst in einer nächsten Geburt. So wie viele Erfahrungen dieses Lebens – an die man sich konkret gar nicht mehr erinnern kann – dazu beitrugen, zu der Persönlichkeit zu werden, die man in der Gegenwart ist. Genauso ist es mit Erfahrungen, welche das Lebewesen von einem Körper zum anderen mitnimmt.
In diesem Beispiel ist erst dann keine Lernmöglichkeit und kein Sinn zu erkennen, wenn es getrennt von der Reinkarnation betrachtet wird, wenn man sich selbst mit dem zeitweiligen Körper gleichsetzt. Wer sich ausschließlich als physischer Körper betrachtet, als ein zufälliges Produkt der Materie und seine eigene Persönlichkeit, das Ich, mit einem elektro-chemischem Prozess des Gehirns gleichsetzt, der verbaut sich in dieser Verkörperung jegliche Erkenntnismöglichkeit, die über das Stoffliche hinausgeht. 

Der Lernprozess oder die Lernmöglichkeit sind übrigens auch nicht allein auf die Person beschränkt, die unmittelbar betroffen ist. Jede Person, welche direkt oder indirekt eine bestimmte Situation wahrnehmen kann, hat die Möglichkeit zu lernen. Oft sogar leichter als die unmittelbar Betroffenen, welche meist erst später in einer Retrospektive profitieren.
Auf das obige Beispiel bezogen, kann der Impuls aus dem miterlebten Leid beispielsweise dahin gehen, sich in jeder möglichen Weise um Menschen zu kümmern, die Hilfe benötigen und sich gegenüber ihrem Leid nicht gleichgültig zu verhalten.

Frage 17

Was ist, wenn ich nachträglich bemerke, dass ich falsch handelte? Kann ich das wieder gut machen oder gibt es da die Gnade Gottes?

Antwort

Die Karmalehre vergleicht eine Tat damit, einen Samen zu setzen. Der Same benötigt eine gewisse Zeit, um zur Pflanze heranzuwachsen und wird auf der letzten Stufe eine Frucht (Reaktion) hervorbringen, die geerntet werden muss. Es wird erklärt, dass der Mensch grundsätzlich die Samen, die bereits zur Frucht herangereift sind, auch essen muss. Es sind dies die Früchte, welche zu unserem gegenwärtigen Körper geführt haben. Unser gegenwärtiges Tun kann jedoch auf die bereits gesäten Samen und die heranwachsenden Pflanzen Einfluss nehmen.
Die Veden empfehlen den Menschen bestimmte «Yajñas», Opferrituale, auszuführen. Diese Opfer sind von unterschiedlicher Art und Qualität. Solche Opfer können mitunter auch kostspielig sein. Doch keine Sorge. Für das gegenwärtige Zeitalter des Kali (Kali-Yuga) gibt es nur ein von den Veden empfohlenes Opfer, das absolut kostenfrei ist. 

yajñaih sankirtana-prayair yajanti hi sumedhasah

„[Im gegenwärtigen Zeitalter] führt der intelligente Mensch alle Yajñas aus, indem er einfach den Namen Gottes singt und über ihn meditiert.“
(Bhagavat Purana 11.5.32)

In der heutigen Zeit ist es fast unmöglich alle notwendigen Bestandteile für die vielen in früheren Zeitaltern empfohlenen Yajñas zu beschaffen. Doch der einfache und zugleich erhabene Vorgang des Singens und Meditierens über den heiligen Namen Gottes spendet den höchsten transzendenten Nutzen.
(Siehe dazu auch das 7. Kapitel im Buch «Gaurangas Bhakti-Lehre»)

Das Bhagavat-Purana (2.3.10) empfiehlt jedem (gleichgültig, ob er voller materieller Wünsche ist oder ob er keine materiellen Wünsche hat), durch den Vorgang des Bhakti-yoga das höchste Ganze zu verehren.
In diesem Vorgang spielt das gemeinsame oder individuelle Singen und Meditieren der heiligen Namen Gottes eine zentrale Rolle.

Mehr dazu unter dem Menüpunkt Harer Nama!

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